Was bleibt denn erhalten?
28.06.2020 ( Lesezeit: 5 min )In den kommenden Beiträgen wollen wir viele spannende und vielleicht auch “abstruse” Ideen vorstellen. Hier schauen wir aber zunächst was man für eine hybride Konferenz von einer klassischen wie der JavaLand beibehalten kann. Tatsächlich ist die einhellige Meinung von einigen Leuten (auch uns), dass man Vor-Ort-Konferenzen nicht einfach so eins zu eins in Remote-Veranstaltungen überführen kann. Tim, der auch schon mehrfach als Sprecher und mit Community-Aktivitäten auf der JavaLand vertreten war, hat das bereits zu Beginn der Corona-Pandemie sehr ausführlich betrachtet: The tech conference you just virtualized is doomed to fail!.
Die Hoffnung ist groß, dass Anfang 2021, also etwa ein Jahr nach dem Ausbruch, die Situation soweit im Griff ist, das man auch wieder größere Veranstaltungen durchführen kann. Daher soll zum Beispiel auch die nächste JavaLand keine reine Remote-Konferenz sein, vielmehr wird eine hybride Variante angestrebt. Das heißt, einige Leute können auch wieder vor Ort dabei sein. Wir reden hier explizit nicht von Großveranstaltungen mit zehntausenden Personen. Durch die notwendigen Sicherheitsvorkehrungen und möglichen behördlichen Auflagen kann man also eher von maximal 1000 Leuten vor Ort ausgehen. Gerade bei der JavaLand sind die räumlichen Gegebenheiten und die weitläufigen Platzverhältnisse mit viel Frischluft gegenüber engen Hotels oder Konferenzzentren immerhin ein klarer Vorteil.
Klingt so, als ob man für Vor-Ort-Teilnehmer alles so beibehalten kann. Teilweise stimmt das vielleicht. Wir sind aber der Überzeugung, gerade die Remote-Teilnehmer viel stärker einzubeziehen. Man soll sich trotz der Entfernung am Bildschirm zuhause wie auf einer echten Konferenz fühlen. Und das wirkt sich natürlich auch auf die Zuschauer vor Ort aus, insbesondere da die beiden Benutzergruppen miteinander und auch mit den Vortragenden interagieren sollen. Desweiteren wird es sicher auch einige Sprecher geben, die ihren Vortrag lieber aus dem Homeoffice präsentieren wollen. Das eröffnet wiederum sogar Chancen. Denn nun könnten auch Sprecher aus Übersee dabei sein, die sonst aufgrund der Entfernung nie angereist wären. Und dann haben wir vor Ort einen Raum mit Zuhörern, die genau wie die Remote-Teilnehmer einem Bild auf dem Beamer/Bildschirm folgen müssen. Um sich von Youtube und Co. abzugrenzen, müssen dann trotzdem Interaktionsmöglichkeiten geschaffen werden. Soweit der Plan, jetzt überlegen wir uns Umsetzungsvarianten.
Aber kommen wir zunächst zurück zum Thema. Eine Konferenz braucht natürlich Inhalte. Die Zuschauer kommen hauptsächlich, weil sie etwas lernen wollen. Nehmen wir wieder die JavaLand als Beispiel. Da besteht das Programm aus einem breiten Spektrum von klassischen Vorträgen über Panel-Diskussionen, Keynotes, ganztägigen Trainings sowie Community-Veranstaltungen in Form von Workshops, Diskussionsrunden, Spielen und Wettstreiten. Bei den Vorträgen haben die meisten Konferenzen sowieso das Luxusproblem, aus den vielen guten Einreichungen letztlich nur einen kleinen Teil auswählen zu können. Für 2020 wurden nun bereits viele Themen vorbereitet, konnten aber durch Konferenzabsagen oder -verschiebungen noch nicht vorgetragen werden. Nun stellt sich die Frage, ob alle für dieses Jahr eingeplanten Vorträge bei den gleichen Konferenzen im nächsten Jahr einen Freifahrtschein bekommen sollen. Dieser Meinung sind wir aber nicht. Wir möchten vielmehr alle Sprecher ermutigen, bei den nächsten CfPs erneut teilzunehmen und auch neue Ideen einzureichen. Das Innovationsrad soll nicht stillstehen, die Welt hat sich schließlich auch mit Corona weitergedreht. Natürlich sollten die Programmkomitees ein Auge auf die alten Annahmen von 2020 haben und den Themen auch mal den Vorzug geben, sofern sie noch relevant sind. Eine Ausnahme sind die Newcomer, ein Programm auf der JavaLand für Debütanten. Da gilt es allen angenommenen Sprechern, deren Vortrag nicht stattfinden konnte, dann eben im nächsten Jahr die Chance auf den ersten Vortrag auf einer Konferenz zu geben.
Eine naheliegende Idee für eine hybride Konferenz ist es, möglichst viele Vorträge aufzuzeichnen oder sogar live zu streamen. Wenn der Sprecher nicht vor Ort sein kann, dann sollte man den Vortrag auf einer Leinwand übertragen. Wichtig wäre hier, dass es einen Moderator gibt. So könnten dann Fragen aus dem Saal-Publikum direkt an den Sprecher weitergegeben werden. Für die Remote-Teilnehmer würde der Moderator auch ein offenes Ohr haben, Fragen weiterleiten und bei technischen Problemen unterstützen. Für Diskussionen nach dem Vortrag wäre der Default die Remote-Variante mit den Chat-Tools bzw. per Videokonferenzen. Die Vor-Ort-Teilnehmer und -Sprecher könnte man einfach live dazuschalten. Oder man sammelt erstmal alle Fragen und macht etwas später mit dem Sprecher noch ein Interview, was man sowohl vor Ort auf einer Bühne als auch im Livestream an den Bildschirmen zuhause verfolgen kann. Da gibt es also jede Menge Optionen. Wir wollen diese Ideen in einem anderen Blog-Beitrag vertiefen.
Kommen wir noch zu Tages-Workshops, auf der JavaLand wird es Schulungstag genannt. Die lassen sich meist gut remote und möglicherweise mit Beteiligung eines Moderators auch hybrid durchführen. Getreu dem Motto Remote-First müssten die Trainer es aber trotzdem gezielt vorbereiten. Insbesondere bei Hybrid-Veranstaltungen gilt es innovative Konzepte zu finden, beide Zielgruppen glücklich zu machen. Bei sehr großem Teilnehmerandrang wäre sogar ein Aufsplitten in zwei Termine (erst vor Ort und am nächsten Tag dann virtuell) möglich. Trainings werden wir also auch weiterhin auf den Konferenzen sehen, Details und weitere Ideen dazu diskutieren wir in einem separaten Blog-Post.
Ein großer Mehrwert von zum Beispiel der JavaLand sind ganz klar die Community-Aktivitäten und -Veranstaltungen. Dazu zählen die JavaLand4Kids, die unterhaltsame Community-Keynote, verschiedenste Workshops (1 - 3 Stunden) und Diskussionsrunden zur Förderung des Austauschs zwischen Gleichgesinnten bzw. kleine Wettkämpfe in Form von Programmieraufgaben oder Rätselspielen. Manches kann man ganz gut, analog zu den Vorträgen, ebenfalls Remote-First durchführen. Aber auch hier gilt es die Inhalte entsprechend vorzubereiten, um eine möglichst gute Verzahnung von Vor-Ort- und Remote-Teilnehmern zu erreichen. Hier sollten im Vorfeld verschiedene Formate getestet werden. Mehr dazu in weiteren Beiträgen. Außerdem werden wir einige der Ideen auch über Remote Events bei lokalen JUGs ausprobieren.
Wir hoffen, Ihr habt einen ersten Eindruck davon bekommen, wie wir uns hybride Veranstaltungen vorstellen. Es gibt einige Chancen aufgrund der Rahmenbedingungen sogar Mehrwerte zu schaffen. Zunächst gilt es aber den Spagat zu schaffen, für alle Teilnehmenden trotz der Hürden eine interessante Konferenz zu organisieren. An mehreren Stellen haben wir bereits auf künftige Blog-Einträge verwiesen. Wen Ihr uns Feedback geben wollt oder eigene Ideen habt, dann beteiligt Euch gerne bei den Diskussionen in unserem Slack-Channel. Ggf. finden sich Eure Vorschläge dann auch bald hier den weiteren Beiträgen wieder.